Die Primäre Lateralsklerose

Eine seltene neurologische Erkrankung

Diagnose

Bevor hier jemand erwartet, durch das Lesen dieser Seite nun Selbstdiagnose betreiben und die Primäre Lateralsklerose dadurch bei sich erkennen zu können, sei vorangestellt, das es nicht den Test für eine Diagnose dieser Krankheit gibt. Es gibt bestimmte Untersuchungen, vor allem die körperliche neurologische Untersuchung, welche bereits deutliche Hinweise auf die PLS geben kann, aber letztlich erfolgt die endgültige Diagnose nach dem Ausschlussprinzip. 

Eine Schädigung der ersten Motoneurone ist wahrscheinlich bereits viele Jahre und sogar Jahrzehnte vor Auftreten der neurologischen Symptome vorhanden. Kriterien für eine PLS sind u.a. Beginn im Erwachsenenalter und eine leere Familienanamnese. 

Die Erkrankung des zentralen motorischen Systems, also der Nervenzellen in der Hirnrinde und ihrer Verbindungen zum Rückenmark, führt zu Schwäche und zu einer Erhöhung des Muskeltonus (spastische Lähmung). Hierbei besteht eine Steigerung der Reflexe, die der Arzt mit dem Reflexhammer nachweisen kann. Ebenso testet der Neurologe die Augenfolgebewegungen, die Mimik und den Zehen- und Hackengang. 

Außerdem wird die pathologische Ausbreitung der tiefen Sehnenreflexe, der Klonus, auf spastische Dyarthrie und pathologische Reflexe (Babinski-Zeichen) kontrolliert, was klare Zeichen für eine Schädigung des ersten Neurons offenbart. 

Anzeichen von Beteiligung anderer Systeme sollten nicht vorhanden sein, insbesondere keine Kleinhirndefekte, unwillkürliche Bewegungen, sensorische Befunde oder Blasenstörungen. 

Darüber hinaus werden eventuell folgende Zusatzuntersuchungen durchgeführt, wo Anzeichen für andere neurologische Krankheiten wie MS oder ALS gesucht werden, eben die schon angesprochene Ausschlussdiagnostik: 

  • Blutuntersuchungen (um z.B. Infektionen zu erkennen)

  • MRT des Gehirns und der Wirbelsäule (Suche nach Degeneration von Nervenzellen und Suche nach weitere Ursachen wie strukturelle Anomalien, Kompression des Rückenmarks, Multiple Sklerose und Rückenmarks-Tumore)

  • Messung der motorischen und sensorischen Nervenleitgeschwindigkeit  (um Schäden an den Nervenzellen aufzuzeigen)

  • EMG - Messung von verschiedenen Muskeln mit einer Nadel-Elektrode (wichtig, um eine Beteiligung der unteren Motoneuronen und damit ALS ausschließen zu können)

  • Liquor-Analyse - Lumbalpunktion im unteren Rücken (zum Ausschluss von MS und weiteren Ursachen von Spastik). 

Letztlich überwiegen klinisch bei der Untersuchung also die Symptome der oberen motorischen Neurone bei Patienten mit PLS, obwohl in seltenen Fällen durchaus auch leichte Symptome des unteren motorischen Neurons vorhanden sein können wie auch leichte sensorische Störungen. Je weniger Anzeichen einer Betroffenheit des unteren Motoneurones vorhanden sind, desto besser ist die Prognose. 

Starke Verwechslungsgefahr besteht mit der Spastischen Spinalparalyse, welche sich von den Symptomen her zunächst sehr ähnlich darstellen kann, erst der Verlauf mit z.B. Beteiligung der Arme und der bulbären Muskeln weist dann in die Richtung PLS, auch ein asymmetrischer Beginn der Symptome an den Extremitäten kann ein Hinweis sein. 

Der klare Unterschied bei der ALS, welche wesentlich schneller in der Progression verläuft, ist das Auftreten von fortschreitenden Lähmungen (Paresen) und Muskelschwund (Atrophien). Faszikulationen können, müssen dabei aber nicht auftauchen und können allein auch ein Zeichen anderer Erkrankungen sein. 

Die häufigsten Differentialdiagnosen bei den Untersuchungen sind neben den bereits erwähnten die zervikale Spondylose und die chronisch progrediente Multiple Sklerose (MS). Beide sind wesentlich häufiger als PLS. Es wäre wohl müßig, jetzt noch zahlreiche weitere mögliche Differentialdiagnosen hier anzusprechen, ohne diese dann auch genauer zu erklären. 

Nachdem andere Krankheiten ausgeschlossen wurden, kann der Arzt eine vorläufige Diagnose der Primären Lateralsklerose stellen. Natürlich sind die Patienten auch dann weiterhin besorgt, dass ihre PLS sich schließlich zu einer ALS entwickeln könnte. Obwohl absolute Garantien nicht gegeben werden können, gibt ein gutes Maß an Gewissheit, bei einer langsamen Progression an der Diagnose ALS vorbeizukommen. 

Viele Ärzte warten drei bis vier Jahre bis nach Beginn der ersten neurologischen Symptome ab und testen regelmäßig vor allem mit EMG-Tests auf Beteiligung der unteren Motoneurone, welche für eine Amyotrophe Lateralsklerose sprechen könnten, bevor sie sich ob der Diagnose PLS sicher sind und diese dem Patienten als sichere oder zumindest wahrscheinliche Diagnose verkünden. Für den Patienten ist das nicht sehr angenehm, nicht sicher zu wissen, was er denn nun hat, aber diese Geduld muss er wohl oder übel aufbringen. 

Die endgültige Diagnose kann erst neuropathologisch gestellt werden. Merkmale dabei sind: einfache Degeneration der kortikobulbären und lateralen kortikospinalen Trakte; Verlust großer Pyramidenzellen der Rindenschichten V und VI präzentral mit reaktiver Astrogliose; Abblassungen der absteigenden Fasern im Brückenfuß, im Fasciculus gracilis, cuneatus und im vestibulospinalen Trakt im Markscheidenpräparat; fallweise auch Nervenzellverlust und Astrogliose in Thalamus und Putamen - wohl nichts, was der Laie so einfach verstehen kann.