Die Primäre Lateralsklerose

Eine seltene neurologische Erkrankung

Der Beginn 2012

Die möglicherweise ersten Symptome der PLS traten wohl schon 2007/08 auf, wo ich mich über ein seltsam hölzernen Gang wunderte, beim Versuch von Dauerlauf fehlte die Federung in den Beinen und Füßen und auf unebenen Böden bin ich ständig in irgendwelche "Löcher" getreten. Das schrieb ich aber eher meinen Bandscheibenbeschwerden zu, schließlich waren deshalb 2006 zwei Wirbel der Lendenwirbelsäule miteinander versteift worden. 

Bei der Gruppen-Physiotherapie nach diesen Operationen stand ich am Ende der Übungsstunden total zittrig da, ganz anders als der Rest der Truppe, das war vielleicht blöd, zumal ich fast der Jüngste in der Runde war. Und das ist mir dann eigentlich jedesmal passiert; auch nach der Benutzung des Hometrainers in der Physio-Praxis. All das aber führte ich auf fehlendes Training und mangelnde Kondition zurück, nur hätte das doch eigentlich im Lauf der Zeit mal besser werden müssen. 

Bewusst wahrgenommen habe ich einige Symptome aber erst ab etwa Anfang 2010. In Ruhe fing immer öfter das rechte Bein an zu zucken, es flog regelrecht hoch und das übertrug sich irgendwann auf's andere Bein. Dazu kamen in den folgenden Monaten ein Gefühl der Steifigkeit, Muskelschmerzen und Ziehen in den Füßen, Unterschenkeln bis hoch zu den Knien. 

Diese Beschwerden schilderte ich Mitte 2010 meinem hiesigen Neurologen, aber da der mich bereits wegen der Psyche behandelte, überwies er mich zur neurologischen Abklärung an einen Berliner Kollegen am Hackeschen Markt in Berlin. Dort hatte ich im November 2010 einen Termin, nach der Untersuchung äußerte der Neurologe den Verdacht auf ALS und delegierte mich umgehend zu einem stationären Check in die Neurologie der Charité Berlin. 

Kaum eine Woche später bezog ich bereits mein Bett in der 19. Etage des Bettenhochhauses und wurde zehn Tage gründlichst auf den Kopf gestellt, am Ende lautete die Diagnose Verdacht auf Corticobasale Degeneration (CBD). Auf was? Na jedenfalls googelte ich intensiv drauf los und stellte fest, viel besser als ALS war das ja nun auch nicht, aber was sollte ich machen? 

Behandelt wurde medikamentös nur mit Baclofen und ab Anfang 2011 hatte ich nun fast wöchentlich Therapie im Bewegungsbad des Krankenhauses hier in Strausberg. Dazu kamen vierteljährliche ambulante Konsultationen in der Neurologie der Charité zusätzlich zu den Terminen beim niedergelassenen Neurologen und bei der Hausärztin. 

Nachdem diese CBD glücklicherweise bei mir im Verlauf nicht so rasante Symptomänderungen wie sonst üblich zeigte und die Beschwerden zunächst auf die Beine beschränkt blieben, wurde meine Diagnose im Verlauf des Jahres 2011 in einen Verdacht auf Spastische Spinalparalyse abgeändert. Na schon besser und damit konnte ich mich auch viel besser arrangieren. 

Im Mai 2012 empfahl die Ärztin der ambulanten Neurologiesprechstunde der Charitè einen nochmaligen gründlichen Check, nachdem ich zwischenzeitlich nur noch über Ballen und Zehen und nicht mehr über die Ferse und durch die Adduktorenspastik etwas verquer lief und auch ein leichtes Steifigkeitsgefühl der Hände/Arme aufgetreten war. 

Im Juli 2012 wurde ich also nochmals stationär eine Woche in der Charitè Mitte neurologisch auseinander genommen, die Werte von EMG, MRT etc. mit denen von 2010 verglichen und man offerierte mir am 18. Juli 2012 nun eine wahrscheinliche Primäre Lateralsklerose bei progredienter spastischer Tetraparese, wohl, weil inzwischen auch die Hände und Arme betroffen waren. Was ich nicht schlimm fand, aber die Ärzte nach ihren Messungen scheinbar schon. Und der asymmetrische Beginn an den Beinen habe wohl dafür gesprochen neben diesen Ergebnissen von MRT und elektrischen Messungen. 

Tja und im Oktober 2012 war ich zu einem Termin in der ALS-Ambulanz der Charité bei Prof. Meyer und Dr. Meyer und nach der Untersuchung wurde mir die Diagnose PLS bestätigt. Also darf ich das jetzt wohl als fixe Diagnose betrachten. Klar musste ich knapp drei Jahre auf die Diagnose warten und es gab zwischenzeitlich Fehldiagnosen. Das machte mich manchmal schon ziemlich verrückt, aber inzwischen weiß ich auch, das diese Diagnose eben nicht sofort gestellt werden kann und andere mögliche Diagnosen teils erst nach Jahren ausgeschlossen werden konnten. 

Jetzt noch ein paar Dinge, wie es mir aktuell geht und wie sich die Krankheit so äußert: es ist so, das ich mich nur begrenzt eingeschränkt fühle, auch jetzt knapp drei Jahre nach Auftreten der ersten deutlichen Symptome. Irgendwie krank, aber doch nicht schwer krank. Ich habe also wie erwähnt diese spastische Gehstörung. Inzwischen hat sich das Beschwerdebild etwas nach oben im Körper ausgeweitet und auch Muskeln der Oberschenkel, der LWS- und Schulterbereich sowie Arme und Hände sind wie steif und schmerzen, ohne das ich sagen könnte, es ist dieser oder jener Muskel. Dazu kommen Muskelzuckungen und -steifheit, ganz besonders häufig im Liegen. Treppensteigen fällt mir zunehmend schwerer, so als werden die Beine immer schwerer dabei, also es mangelt nicht an der nötigen Luft dabei. Ach und Laufen geht so 1 bis 1,5 km. 

Wenn ich flach auf dem Rücken liege, merke ich in letzter Zeit oft, wie mir die Luft kurz fehlt und ich muss bewusst tief Luft holen. Ja und dann eben diese ständige Müdigkeit, die teils sicher den Medikamenten geschuldet ist, und die länger werdenden notwendigen Regenerationspausen. Davon genehmige ich mir tagsüber immer ein bis zwei mit mindestens 30 Minuten. 

Lustige Dinge erzählen kann ich kaum, ohne vorher schon innerlich laut zu lachen und das raubt mir dann die Stimme, manchmal hab ich so Lachattacken, obwohl es der Situation total unangemessen ist. So musste ich mich im Juli total zurückhalten, als mir die Ärztin in der Charité die Diagnose PLS verkündete, ich hätte da fast laut los geprustet. Jeder andere wäre doch wohl in Tränen ausgebrochen oder diesen recht nahe? Und so geht's mir manchmal in ernsten Situationen. Mit dem Weinen ist's nicht soo heftig, nur manchmal aus ganz banalem Grund kullern plötzlich die Tränen und es überkommt mich totale Traurigkeit. Das geht aber so schnell wie es kommt. Alles sehr seltsam! Und möglicherweise hat das mit dem pathologischen Lachen und Weinen zu tun. Unter Emotionen kann ich auch kaum reden, wirke nach meinem Empfinden total hektisch. Mit der Stimme selbst hab ich zum Glück keine großen Probleme, manchmal fragt mich zwar jemand, weil er mich nicht verstanden hat, aber jetzt nicht soo offensichtlich. 

Was ich in den letzten Monaten einige Male erleben durfte, waren mächtige Gleichgewichtsprobleme. Also da sehe ich plötzlich unscharf, alles dreht sich und ich bin pitschepatschenass. Meist hab ich mich irgendwie noch gerettet, also nicht wie bei Kreislaufattacke, wo man ja recht schnell umkippt. Einmal saß ich eine halbe Stunde auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt und hab mir zig mitfühlende Kommentare anhören dürfen, einmal ist es mir auch auf dem Weg zum hiesigen Neurologen passiert. Da saß ich noch einige Minuten vor der Praxistür und als ich dann drin war, rief die Arzthelferin gleich den Arzt und der einen Rettungswagen. Toll. Dann hab ich eine Stunde im Krankenhaus am Tropf gelegen, alle Messwerte waren okay und dann hab ich mich verabschiedet mit den Worten: da werd ich mal das Bett räumen für die wirklich Kranken. Zuletzt passierte es mir vor kurzem fast vor der Haustür, ich bin noch die Treppe hoch, Wohnungstür auf, alle Einkäufe hingeschmissen und erst mal eine halbe Stunde, so wie ich war, mit Jacke auf's Bett geschmissen. Nein, diese Situationen mag ich überhaupt nicht. 

Physischen und psychischen Stress, der die Krankheit befördern könnte, versuche ich weitgehend zu vermeiden, da beides viel Kraft und Nerven kostet. So versuche ich zwischen Terminen immer einen "Ruhetag" einzulegen und habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit meinem eigenen, etwas langsamer werdenden Tempo definitiv besser leben kann. Glücklicherweise kann ich es mir meist einteilen, da ich seit Mitte 2011 und noch bis Mitte 2014 eine befristete Erwerbsminderungsrente, allerdings wegen angeschlagener Psyche und versteiften Wirbeln in der Bandscheibe, beziehe. Ich merke aber auch, wie mich jede Art von Stress wieder schnell in verstärkten Schmerz treibt. 

An Physiotherapie wurde von den Ärzten der ALS-Ambulanz viermal Krankengymnastik nach Bobath, ein- bis zweimal Bewegungsbad und ein- bis zweimal Massagen wöchentlich verordnet. Praktisch sind diese vielen Termine aber durch meine Physio-Praxis leider nicht umsetzbar, so dass es ab Dezember 2012 nun wöchentlich zwei Termine mit je zwei Behandlungen gibt. Zudem soll ich für beide Beine Unterschenkelorthesen bekommen, ein Gespräch zur Auswahl eines passenden Modells fand bereits in einer Orthopädiewerkstatt in Berlin-Kreuzberg statt. Derzeit befindet sich die Verordnung bei der Krankenkasse zur Genehmigung. 

Medikamentös nehme ich derzeit u.a. 25 mg Baclofen, 2 x 100 mg Tramal, 40 mg Citalopram, dazu Propanolol, Carmen und nach Bedarf Tavor, zum Teil auch wegen anderer Erkrankungen. Vom Baclofen könnte ich manchmal durchaus eine höhere Dosis gebrauchen, aber dann würde mich die Nebenwirkung Müdigkeit wohl vollends in ihren Bann ziehen. 

Derzeit warte ich auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme, welche im Juli 2012 durch die Charité-Ärzte für mich beantragt und durch die DRV zunächst leider abgelehnt wurde. Seit September 2012 läuft der Widerspruch zu diesem Bescheid. 

Ach und noch eins, ich habe nach reichlichem Schriftverkehr und einem Widerspruch beim Versorgungsamt im Oktober 2012 nun neben dem GdB 70 auch das Merkzeichen G durchsetzen können, was mir bei der täglichen Fortbewegung in Bezug auf die Nutzung des ÖPNV einiges an Erleichterungen verschafft. 

Gut, wenn ich so im Internet lese, was bei Betroffensein des zweiten Motoneurons noch draus werden könnte, kann ich mich aktuell noch recht glücklich schätzen. Tu ich übrigens auch, da die Symptome ja noch nicht soo dolle sind. Natürlich hoffe ich, das es bei den Nerven des ersten Motoneurons bleibt, welche da so langsam zerlegt werden. Ich bin mir bewusst, dass bei meiner PLS im Verlauf noch viel deutlichere Krankheitszeichen auftreten können und wohl auch werden, weiß aber inzwischen ebenso, dass es offenbar auch viel leichtere Verläufe, wenngleich mit zunehmender Behinderung, gibt. Jedenfalls bin ich längst nicht mehr soo erschrocken wie nach Verkündung der Diagnose und mein bisher eher milder Verlauf lässt mich da auch recht optimistisch in die Zukunft schauen.

Das Jahr 2013

Nun - Ende April 2013 - möchte ich mal ein kurzes Update geben. Von den Symptomen her geht es mir glücklicherweise weitgehend unverändert, am meisten nerven immer noch die ständige Erschöpfung, die Müdigkeit und die Muskelschmerzen. Laut meiner Physiotherapeuten verkrampfe ich aber wohl zunehmend mit den Händen, insbesondere bei Multitasking-Übungen, also wenn z.B. die Beine beübt werden, verkrampfen "ganz nebenbei" die Hände - oder eben umgekehrt. Na gut, ich finde es jetzt aber nicht soo schlimm. Ansonsten mache ich tapfer meine wöchentlichen meist Doppeltermine an Physiotherapie mit Bobath und Bewegungsbad und fühle mich in der Praxis des hiesigen Krankenhauses sehr gut aufgehoben. 

Die im Juli 2012 durch die Charitè beantragte stationäre Reha wurde im Januar 2013 auch nach dem Widerspruch nicht genehmigt, weil dadurch keine Erwerbsfähigkeit erreicht werden könne (Zitat DRV). Und über die im November 2012 beantragten Unterschenkel-Orthesen ist bis zum heutigen Tag noch nicht abschließend entscheiden worden. Der Antrag selbst wurde durch meine Krankenkasse KKH-Allianz an den MDK zur Entscheidung weitergereicht und dieser lehnte eine Verordnung Ende März 2013 zunächst leider ab und empfahl mir Konfektionsschuhe mit Einlagen oder Stabilisationsschuhe. Auf die Innenrotation und die Kontraktionen beider Füße wurde bei der Entscheidung aber nicht eingegangen und so habe ich dort im April 2013, also erst kürzlich, auch dort einen Widerspruch formulieren müssen. Und der liegt nach Auskunft der Krankenkasse nun wieder beim MDK.  

Ja und dann hab ich nach dem Einrichten dieser Homepage einige liebe Mitmenschen kennenlernen dürfen, die teilweise selbst von der PLS betroffen sind, aber auch von der ALS oder der HSP/SSP oder auch überhaupt nicht direkt betroffen sind, sondern einfach nur Mut und Zuspruch ausdrücken wollten. Danke dafür!

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Inzwischen haben wir fast Ende Oktober 2013 und wider Erwarten gibt es doch schon wieder einiges an Neuigkeiten zu berichten. Zum einen haben mir Krankenkasse und Medizinischer Dienst nach acht, neun Monaten - nach Verordnung und zwei Widersprüchen - tatsächlich doch noch die Genehmigung für die Unterschenkelorthesen gegeben. Und diese wurden nun in den vergangenen Wochen von der Orthopädietechnik Hempel in Berlin-Kreuzberg angefertigt, nach Gipsen und Anprobe kann ich die Orthesen seit drei Tagen mein eigen nennen. Noch läuft es sich damit ziemlich seltsam, Stehen und Laufen funktionieren damit aber schon jetzt definitiv besser als in den Monaten zuvor, nur das Treppauf und Treppab muss ich noch etwas üben. 

Derweil mache ich weiter fleißig meine Physiotherapien mit wöchentlich zweimal Doppelbobath, dazu gibt's gewöhnlich dienstags eine Massage bzw. am Freitag das Bewegungsbad. 

Und ich habe mich einige Male als Proband bei Vorlesungen vor Medizinstudenten an der Charité vorstellen dürfen, einmal im Mai bei einer Vorlesung von Prof. Einhäupl (Vorstandvorsitzender der Charité) zur Diagnosefindung und zweimal im Juni bzw. Oktober bei Vorlesungen von Prof. Meyer (Leiter der ALS-Ambulanz der Charité) zu ALS-Erkrankungen. Das war natürlich nicht nur spannend und aufregend, sondern zudem sehr lehrreich und wer verweigert sich denn schon gern der Wissenschaft? 

Gerade gestern hatte ich dann einen der regelmäßigen Kontrolltermine an der ALS-Ambulanz bei meinem (neuen) zuständigen Arzt, der mich natürlich erst mal kennenlernen wollte, mich zu den Symptomen und Beschwerden befragte, mich mit und ohne Orthesen laufen ließ und danach noch körperlich untersuchte. 

Im Ergebnis gibt es nun ein noch umfangreicheres Therapieprogramm, neben Bobath, Massagen und Planschen kommen nun noch manuelle Therapie und Wärmetherapie dazu und ich soll mich mal in Ergotherapie ausprobieren, da meine Hände wohl doch eine gewisse krumme Form angenommen haben. Außerdem wird mir ein MotoMed verordnet, um damit ein regelmäßiges tägliches Training zu ermöglichen, das wird vermutlich wieder einen vergnüglichen Disput mit KK und MDK geben.

Das Jahr 2014

Jetzt schreiben wir schon Ende April 2014 und es wird mal wieder Zeit, die wichtigsten Ereignisse eines halben Jahres zusammenzufassen. Zum erwarteten Disput mit der KK ist es gekommen; inzwischen wurde auch mein Widerspruch auf die Ablehnung des MotoMed durch den MDK negativ beschieden und aktuell liegt der ganze Vorgang bei einem Widerspruchsausschuss der KKH.  

Aber es gibt auch Entscheidungen, welche schneller erfolgt sind. So hat mir die DRV im Januar einen Verlängerungsantrag zu meiner bisher bis zum Juni 2014 befristeten Erwerbsminderungsrente zugesandt. Diesen hab ich dann ausgefüllt und mit allen mir vorliegenden Kopien drei Tage später zurück geschickt. Und nur knapp zwei Wochen später kam auch schon der Bescheid der DRV über die Gewährung der vollen Erwerbsminderungsrente bis zum Erreichen der regulären Altersrente. Danke an die dortigen Mitarbeiter, das ihr mir so entgegen gekommen seid und den Grad der Erkrankung richtig eingeschätzt habt. 

Zu weiteren Vorträgen des Leiters der ALS-Ambulanz, Prof. Meyer, vor Medizinstudenten war ich im Dezember und erneut vor wenigen Tagen eingeladen und nicht nur die Studenten lernen hoffentlich etwas dabei, auch ich kann dabei einige meiner Fragen loswerden. 

An die Unterschenkelorthesen habe ich mich inzwischen sehr gut gewöhnt und kann mir gar nicht mehr vorstellen, ohne diese Teile aus dem Haus zu gehen - das war zweifellos die beste Entscheidung des vergangenen Jahres. 

Bei meinem letzten Kontrolltermin in der ALS-Ambulanz im Berliner Wedding am vergangenen Donnerstag schlug mir mein behandelnder Arzt aber auch noch eine andere Alternative für besseres Gehen vor, eine sogenannte Neuroprothese zur Stimulation des N. peronaeus. Es muss aber zunächst geprüft werden, ob ich für eine Versorgung damit geeignet bin, na, und ob die KK die Finanzierung stemmen wird, ist natürlich auch noch offen. 

Ansonsten mache ich weiterhin fleißig an drei Tagen in der Woche meine Physio- und Ergotherapien, die Spastik hat laut dem Doc an der Charitè wohl leicht zugenommen, dafür die Vitalkapazität abgenommen, so gleicht sich alles im Leben aus. Und zur Belohnung darf ich nun das spezielle ALS-Medikament Rilutek einnehmen, welches wohl die Störung des Glutamathaushalts im Körper abschwächt, was als ursächlich für die ALS-Erkrankungen gilt. 

Mich persönlich stören weiterhin am ehesten die ständige schnelle Erschöpfung und die Müdigkeit sowie die vor allem in Ruhe auftretenden Muskelschmerzen und -zuckungen. Und trotzdem gibt's auch weiterhin keinen Grund, über die Maßen traurig zu sein oder sich selbst zu bedauern, es geht schon immer weiter. Manchmal, wenn ich anderen Mitmenschen über meine PLS berichte, habe ich das Gefühl, ich muss danach eher sie trösten als das sie mich aufbauen könnten.  

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Und nun ist schon wieder ein halbes Jahr rum; wir haben inzwischen den Oktober 2014. Meine, oder besser die Anträge der ALS-Ambulanz, und meine Widersprüche zum Perenaeusstimulator wurden von der KKH mal wieder schwungvoll vom Tisch gewischt. Das Probelaufen bei einer Firma für Orthopädietechnik lief ganz prima, aber die KK war der Meinung, meine jetzige Physio und die Orthesen reichten aus; zudem sei mit dem Stimulator keinerlei Besserung bei der PLS zu erwarten und somit käme das Gerät nicht infrage. Bei einem Schlaganfall wäre die Chance wohl größer gewesen, nur kann auch da keiner den Behandlungserfolg garantieren. 

Den Medizinstudenten der Charitè stand ich im Mai im Rahmen einer ALS-Vorlesung von Prof. Meyer erneut zur Verfügung, trotz Freitag vor Pfingsten war die Beteiligung sehr gut und die Nachfragen der Nachwuchsmediziner auch an uns Patienten waren extrem zahlreich. 

Ansonsten brachte mir der Sommer weiterhin die regelmäßigen Physio- und Ergo-Therapien, drei Tage in der Woche ist man damit doch gut beschäftigt. Im Spätsommer dann packten mich gleich drei Infekte des Darms, der Ohrspeicheldrüse (Parotitis) und der Harnwege und warfen mich teils ganz schön in die Seile, aber ich hoffe, nun alles überstanden zu haben. Und somit musste ich leider auf die eine oder andere Therapieeinheit verzichten. 

In der vergangenen Woche stand wieder der Termin in der ALS-Ambulanz am Virchow-Klinikum auf dem Plan und da hatte ich erstmals mit einer (sehr netten) Ärztin zu tun. Und wie immer verging die knappe Stunde mit Berichten zum abgelaufenen Halbjahr, mit körperlicher Untersuchung und Empfehlungen für Therapien und Heilmittel ganz schnell. Für den MotoMed wird ein neuerlicher Antrag gestellt, für den Perenaeusstimulator evtl. auch, darüber hinaus soll ich wegen meiner etwas steiferen und krummeren Hände/Finger für die Nächte Lagerungsschienen für die Hände bekommen. Über eine mögliche Reha soll ich mich mit meiner Hausärztin verständigen und auch über sie eine solche beantragen. 

Die Anzahl an Therapien wurde je nach Terminmöglichkeiten auf bis zu viermal bei Doppelbobath, Fango und Massage wöchentlich erhöht, dazu zweimal Ergo, einmal Bewegungsbad und manuelle Therapie. Ich hab jetzt schon eigene Betten für die Physio-Praxen beantragt und den Therapeuten Wochenendarbeit nahe gelegt, aber so recht überzeugt hab ich mit beiden Ideen wohl noch Niemanden. Darüber hinaus soll die Dosis an Baclofen zunächst erstmal allmählich auf 3 x 10 mg erhöht werden, je nach Verträglichkeit. Mit der gibt es übrigens bei den zuletzt verordneten Rilutek keinerlei Probleme. Bei der körperlichen Untersuchung zeigten sich bei mir kaum zentrale Paresen, überwiegend mittelgradige Spastik in Armen und Beinen sowie kloniforme Reflexe mit erweiterten Reflexzonen, die haben also ihr Limit weitgehend erklommen. 

... zum Jahr 2015